This is a letter I have written to my relatives and friends (the German speaking ones, for now) whom I wasn’t able to stay in touch with over the past, very demanding year. I hope to translate it into English in the coming days as well.
Hallo ihr Lieben,
Wahrscheinlich wundert ihr euch über so einen langen Brief von mir, wo ihr doch in den meisten Fällen das ganze Jahr über sehr wenig bis nichts von mir gehört habt… Nun, da ihr damit nicht alleine seid, habe ich mich entschieden euch wenigstens mit einem Jahresrückblick über die Gründe dafür aufzuklären. Da dies mein erster solcher Brief ist, finde ich es fast nötig etwas weiter auszuholen, weshalb ich mit dem Sommer 2017 anfange.
Im Mai 2017 habe ich meinen Bachelor in Drama und Theaterwissenschaften am Trinity College Dublin abgeschlossen. Ganz im Stil meiner bisherigen akademischen Karriere hatte ich mir für das letzte (vierte) Uni-Jahr vorgenommen mit der Bestnote abzuschliessen und dann nichts weiter zu diesem Ziel unternommen. Die Bachelorarbeit hatte ich mir für die letzten zwei Wochen aufbewahrt und so immerhin doch die Bibliothek doch noch von innen kennengelernt.
Da wir im Gymnasium schon einmal eine stilistisch ähnliche Arbeit zu schreiben hatten, war ich meinen Mitstudenten darin voraus und schaffte es relativ einfach sie zu strukturieren und zu schreiben. Mein Thema was ein Vergleich der Irischen und Finnischen Nationaltheater im Bezug auf Frauen in den Rollen der Autoren und Regisseure. (In Irland gibt es seit Anfang 2016 eine sehr rege Debatte dazu, nachdem ein Jubiläumsprogramm des Nationaltheaters die weibliche Hälfte nämlich ziemlich ignoriert hatte.) Eigentlich hatte ich natürlich vorgehabt meiner Betreuerin regelmässig Kapitel zum Durchsehen vorzulegen, was dann aber aus zeitlichen Gründen (die Kapitel waren nun einmal noch nicht geschrieben…) nicht klappte. Zwei Tage vor Abgabetermin hatte ich dann etwas zum Abgeben, entschied mich allerdings dagegen, da ich ohnehin keine Zeit mehr gehabt hätte um vorgeschlagene Änderungen vorzunehmen. Da fand ich es dann doch besser wenn sie alles auf einmal bekommen würde. Das hat dann auch gut geklappt. Ich bekam eine unverdient hohe Note (ab 70% hat man die Bestnote, ich bekam 80!) die meinen Gesamtschnitt ebenso über die 70% Marke trug und mein Ziel erfüllte. Das kam mir dann an der Diplomfeier auch sehr zugute, da wurde man nämlich nach den erreichten Noten eingeteilt, sodass auch jeder genau sehen konnte wer welche Note bekommen hatte.
Den Sommer verbrachte ich damit and der Schweizerischen Vogelwarte am Steinschmätzerprojekt zu arbeiten und mich für einen Master zu bewerben. Der Master sollte ebenfalls in Dublin stattfinden, an einem Institut, welches zwar zu Trinity College gehört, aber auch etwas separat ist und sich auf Theater spezialisiert. Man kann dort sowohl Schauspiel, als auch technisches Theater im Bachelor studieren, sowie auch Master in Design, Regie oder Schreiben absolvieren. Ich bewarb mich für Bühnen-und Lichtdesign. Da zwei meiner ehemaligen Lehrerinnen aus der Uni ebenso dort unterrichteten sah ich meine Chancen einen der maximal 8 Plätze zu bekommen als relativ gut. Nach einer umfassenden Bewerbung und zwei Interviews erhielt ich dann den Bescheid, dass ich angenommen war!
Meine Arbeit an der Vogelwarte bereitete mich zwar nicht wirklich auf dieses Studium vor, aber es verhalf mir doch immerhin zu viel frischer Luft und Vitamin D, von denen ich im kommenden Jahr nicht sehr viel kriegen würde. Meine Aufgaben bestanden vor allem darin die Steinschmätzer zu beobachten, zu beringen und beloggern (mit einem kleinen logger auszustaffieren der helfen kann den Ort und somit die Zugstrecke zu errechnen). Ein Arbeitskollege und ich waren somit täglich in den Tessiner Bergen unterwegs, am Wandern, Beobachten, und Warten. Ich überkam meine anfangs sehr grosse Antipathie gegenüber Mehlwürmern und dann auch Maden und konnte am Schluss auch ganz gut mit den Vögeln selber umgehen. Auch wenn ich es mir langfristig nicht beruflich vorstellen könnte war es doch eine tolle Erfahrung und hat Spass gemacht!
Im September kehrte ich also nach Dublin zurück und begann mit dem einjährigen Master. Meine Klasse bestand aus fünf Leuten: einer Rumänin, einer griechischen Italienerin und zwei Amerikanern. Den einen Ami kannte ich schon, mit dem hatte ich im Bachelor in den ersten zwei Jahren zusammen studiert. Er hatte dann an dieses Institut gewechselt um dort technisches Theater zu studieren und kannte sich dementsprechend sehr gut aus. Wie erwartet in einem einjährigen Master und wie in der ersten Stunde von unserer Hauptlehrperson gewarnt hatten wir von Anfang an sehr viel zu tun. Ich war praktisch jeden Tag von 10 Uhr morgens bis 10Uhr abends (11Uhr, wenn der Security Guard später kam zum abschliessen) an der Uni, auch Samstags und Sonntags. Wir hatten alle unseren eigenen Schreibtisch, was sich sehr bewährt hat. Unsere Fächer waren sehr verschieden: ich hatte modellieren, zeichnen, Lichttechnik, CTP (Contemporary Theatre Practice, ein theoretisches, Theater-geschichtliches Modul), und angewandte Projekte die dann auch vorgeführt wurden. Für das Bühnendesign Modul bestanden einige der Projekte aus Model-Präsentationen, da wir nicht genug Zeit gehabt hätten sie in echt zu verwirklichen, aber für Lichtdesign musste es natürlich ganz realisiert werden um benotet zu werden. Als das Jahr voranging wurde die Belastung nicht weniger sondern eher mehr. Wir hatten eigentlich nur zweimal ein paar Tage frei, nämlich als es einmal sogar für Irische Verhältnisse zu sehr stürmte und als zehn Zentimeter Schnee lagen. Da wurde die Uni gleich für drei Tage geschlossen (natürlich erst nachdem ich schon mit dem Fahrrad dorthin gefahren war…).
Das Studium war so aufgebaut dass wir keine Masterarbeit schreiben mussten (Das wäre sicher nicht dreimal gut gegangen bei mir!), sondern stattdessen mussten wir in unserem Bereich ein Theaterstück kreieren. Wir wurden in unseren Hauptfächern (Bühnenbild bei mir, Licht war eigentlich Nebenfach) einem der Regisseure zugeteilt und mussten dann das von ihnen gewählte Stück entwerfen und dann auch realisieren. So bekam ich das Stück ‘No One Sees The Video’ von Martin Crimp. Zwar fand ich es ursprünglich ein ziemlich langweiliges Stück aber mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und hatte dann doch Spass an dem Design, welches ich sowohl in meinem Haupt, als auch in meinem Nebenfach machen durfte da es nicht genug Licht-Designer in unserer Klasse gab: Die eine Amerikanerin hatte während des Jahres einige der Projekte nicht bestanden und durfte daher für kein Stück designen und bestand daher auch den Master nicht.
Zu dem Studium gehörten auch zwei Praktika. Daher hatte ich diesen vergangenen Sommer auch keine richtige Pause sondern kehrte nach nur eineinhalb Wochen wieder nach Dublin zurück um an einem Stück für das Dublin Theatre Fest zu arbeiten. Gleichzeitig nahm ich mehrere Theaterjobs für andere Produktionen an: Insgesamt arbeitete ich da schon an zwei Stücken als Lichtdesignerin, and zweien als Design Assistentin und an einem als Regieassistentin. Für drei von denen wurde ich sogar schon bezahlt. Nicht gut, natürlich, aber immerhin… Und kaum waren die alle fertig, das kam schon das nächste Praktikum.
Um diese Zeit hatte das neue akademische Jahr schon angefangen und wir mussten unsere Plätze and der Uni für den neuen Jahrgang räumen. Johann (der eine Amerikaner) und ich mieteten uns zu diesem Zweck einen kleinen Van mit dem wir all unsere Sachen in einer Fahrt zu unseren jeweiligen Adressen transportierten. Da hatte sich schon ziemlich viel an Material angesammelt: Pläne, Modelkisten von Theatern, Farben, Messer, Werkzeuge, Papier, Kartons, Sprühdosen etc. Zum Glück war meine Zimmergenossin (ja ich habe mir die letzten drei Jahre das Zimmer geteilt!) kurz zuvor ausgezogen, sodass ich meine Sachen erst einmal auf dem Boden meines Zimmers deponieren konnte…
Da diese Theaterarbeiten wie gesagt noch nicht so gut bezahlt wurden und mein Stipendium nun auch zu Ende war, musste ich mich um diese Zeit herum auch um bezahlte Jobs bemühen. Die habe ich unter anderem an der Uni (meinem Institut) an der Rezeption gefunden wo ich nun ein paar Tage die Woche aushelfen konnte. Die ersten paar Mittage im Staff Room waren schon etwas seltsam. Einen Tag bin ich da noch Schüler, am nächsten esse ich mit den Lehrern zu Mittag…
Ein weiterer Job war das Transportieren von Bühnen für eine Freundin deren Theatergruppe verschiedene Aufführungen in unterschiedlichen Theatern hatte. Dafür mietete ich mir einen Van (grösser als den kleinen den wir für unser Material brauchten) und fuhr damit an die gewünschten Orte. Das hat mir überraschend viel Spass gemacht. Ich fahre ja eigentlich gerne Auto und ich habe gemerkt je grösser das Gefährt umso mehr Spass macht es mir.
Einen dritten Job fand ich in einem Restaurant. Es heisst Edelwise, wird von einem Schweizer geleitet und ist spezialisiert auf Fondue und Raclette. Ich musste mich noch nicht einmal bewerben… Es ist ein sehr kleines Restaurant, 25 Sitzplätze, daher geht das für mich gerade so. Eigentlich ist Service Arbeit nicht so meins, aber in der Grösse geht es.
Zusätzlich arbeite ich an manchen Sonntagen noch als Schiedsrichterin für Volleyball. Spielen tue ich seit einem Jahr nicht mehr, das hat einfach nicht mehr zum Studium gepasst, aber so unterstütze ich meinen Verein noch ab und an. Diesen Sommer, er war ja auch in Irland sooo warm (es gab hier Wald und Buschbrände! Die grüne Insel was braun.), habe ich angefangen regelmässig Beachvolleyball zu spielen. Zuerst haben wir uns mit anderen Mitgliedern meines alten Vereins getroffen und auch am ein oder anderen Turnier mitgemacht. Seit Ende Sommer sind mein Beach-Partner und ich ein paar Mal gemeinsam an Spielsessions des Irischen Beachvolleyball Verbandes gewesen. Das letzte war wohl Anfang Dezember. Ich habe vor das auch weiterhin beizubehalten.
Mein letzter Job war der Kartenverkauf vom Theater. Da habe ich seit meinem dritten Jahr an der Uni schon gearbeitet (es sind nur sehr unregelmässig Aufführungen in diesem Theater, leider). Inzwischen wird das Theater von einem meiner besten Freunde hier geleitet und ich bin da unterdessen zur Schicht Leiterin aufgestiegen, was vor allem heisst, dass ich mehr Geld für weniger Arbeit bekomme…
Sobald mein zweites Praktikum vorbei war, wurde ich für ein Bühnen und Licht Design angefragt (das läuft in dieser Branche meistens durch persönliche Weiterempfehlungen, in diesem Fall wurde ich von einem Stage Manager mit dem ich gerade zusammengearbeitet hatte empfohlen). Ich sagte natürlich zu, obwohl ich bei der Bezahlung doch etwas übers Ohr gehauen wurde. Aber das Projekt war jedenfalls ganz nett und mit meinem Design bin ich soweit auch ganz zufrieden gewesen und das Stück hat dann auch gleich schon zum nächsten Projekt geführt, an dem die gleiche Regisseurin wieder beteiligt war. Obwohl noch schlechter bezahlt (Profit-Teilung, da weiss man im Voraus nie wie viel dabei rausspringt…), war es doch ein sehr gutes Stück mit einem Design das mich mehr interessiert hatte.
An den wenigen Tagen, an denen ich nicht abends arbeiten musste, an denen ich tagsüber mal wirklich frei hatte, habe ich mein (nun eigenes) Zimmer sortiert, das eine Bett auseinander genommen, und mir einen Arbeitsplatz eingerichtet an dem ich zuhause meine Pläne zeichnen, und Modelle bauen kann. Für den Dezember habe ich mir einen Adventskranz gemacht und Kekse gebacken und dann war es auch schon Zeit meine Taschen zu packen und für die ersten richtigen Ferien in anderthalb Jahren in die Schweiz zu fahren (mit kurzem Abstecher zu meiner Deutschen Grossmutter).
Hier komme ich nun etwas zu ausruhen, lesen und dem Updaten meiner Website (was so ziemlich meiner Bewerbungsmappe entspricht…). Und gleichzeitig bereite ich mich auf das nächste Theaterstück vor, welches ich dieses Mal in der Schweiz designen werde: Romulus der Grosse, von Gesa’s Theatergruppe. Das wird natürlich regelmässigere Reisen in die Schweiz erfordern, was mich ja ganz und gar nicht stört. Vorerst werde ich aber wohl in Dublin bleiben. Mein Ziel ist es ja eigentlich hauptsächlich in London zu leben und zu arbeiten, und da fühle ich mich in Dublin geografisch und kulturell näher als auf dem Festland. Aber einerseits muss man sich wie gesagt im Theater zuerst ein Netzwerk aufbauen und dann weiss ich ja auch noch nicht wie das jetzt mit Brexit wird, also erst einmal abwarten, Erfahrungen sammeln und Leute kennen lernen.